Samstag, 1. Mai 2010

Taxifahrer in Mumbay haben ihre eigenen Vorstellungen, wo sie den Fahrgast hinbringen sollen



Reisen ist immer wieder für Überraschungen gut. Und die Kommunikationsweisen dabei ungezählt, mit Tendenz unendlich. Diesmal Mumbai. Die Konferenz war auf 11 angesetzt, sharp, was für Indien schon fast wie eine Drohung klingt.

Von Daniel Stern

Nun, der Flug dorthin war mit ausreichend Zeitpolster geplant, alles Weitere würde wie stets aufs Angenehmste organisiert sein. Tatsächlich, das Auto war am Flughafen, sein Fahrer hielt unübersehbar und freudestrahlend das Papier mit meinem Namen hoch. Mumbai, wir kommen, und zwar pünktlich. Die Kommunikation startete so indisch-englisch wie stets. We go to hotel, wurde mir bedeutet, half hour.

Nun, dachte ich, du bist neu in Mumbai, wie kannst du wissen, wie lange es braucht. Aber, wagte ich vorsichtig einzuwerfen, man habe mir gesagt, einchecken im Hotel geht erst ab 12, also erst zum Office, später zum Hotel. Begeisterung beim Fahrer: Okay, wie go to Hotel, later Office. Nein, nein, kam mein eher schüchterner Einwand, first Office, later Hotel. Yes, hieß es prompt, First hotel, later office. Das ließ mich für einige Zeit verstummen. Was war da zu tun? Handy nicht geladen, also keine Rückversicherung mit dem Veranstalter möglich. Warten also, was passieren würde. Vielleicht genügte ja die Zeit. Man könnte ja auch erst einmal den Koffer im Hotel abstellen, dann zum Office, später einchecken.

Es ist ja noch sooo viel Zeit. Warum also streiten. Lieber den grandiosen Anblick des neuen Baybrücke und dann von dort auf die Stadt genießen. Hinter der Brücke wird es dann plötzlich eng. Wir stehen, alle 5 Minuten gelingt es, einige Meter weiter zu fahren. Ich versuche einen nächsten Anlauf, will wissen, wie weit es zum Hotel und zum Office ist, wie lange man wohl noch rechnen müsse. Yes, kommt es prompt zurück, wie go first Hotel, later Office. Aha denke ich und versuche schlau zu erfahren, ob vielleicht Hotel und Office gar nicht so weit auseinander liegen. O, heißt es, Hotel to Office half hour. Mir wird etwas mulmig, es ist schon fünf vor halb 11. Also ein letzter Versuch. Ich zeige auf die Uhr und betone: 11 Uhr Office. Ok, kam es wie aus der Pistole geschossen, we go Hotel, later Office. Ich gab auf und bastelte im Stillen an Erklärungen über meine Unfähigkeit, pünktlich zu erscheinen.

Draußen schien die Sonne und standen die Autos, eines hinter dem anderen, manchmal gaben sie sich einen Ruck und fuhren ein Stück. Ich begann, Mumbai zu genießen. Fahrers Mobile läutete. Ein längeres Gespräch, von dem ich immerhin gelegentlich die Wörter Office und Hotel mitbekomme. Am Ende des Telefonats dreht sich der Fahrer glücklich lächelnd um und äußert, na was schon, …. Ich nicke nur bedächtig. 5 Minuten vor elf, wir stecken noch immer irgendwo im Gewühl, läutet das Handy des Fahrers erneut. Offenbar gibt es Verständnisschwierigkeiten. Er gibt mir das Telefon. Am Apparat ist mein Office. Wo ich denn bliebe, ob ich gar ins Hotel gefahren sei. Nein, nein, versuche ich zu beschwichtigen, der Fahrer möchte so gern ins Hotel. Was kann ich machen?

Ich gebe das Mobile weiter und lausche ergriffen, wie dem Fahrer bedeutet wird, dass er mich zum Office fahren möge. Zur Bestätigung schüttelt er indisch den Kopf, mehrfach, dreht sich dann um zu mir, und sagt, einigermaßen geknickt: We go first Hotel, later Office. Ich sage nichts mehr und gebe mich drein. 10 Minuten später halten wir. Ein großes Schild weist darauf hin, das hier mein Office ist. Der Fahrer ist begeistert. Here Hotel, ruft er fröhlich, later Office.